Mehr Informationen zu unseren Forderungen
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Rund 40% aller Frauen in der Schweiz haben in Paarbeziehungen bereits Gewalt erlebt. Häusliche Gewalt ist auch für viele Sans-Papiers Frauen Teil ihres Alltags. Sans-Papiers Frauen und genderqueeren Sans-Papiers wird aber aufgrund ihres Aufenthaltsstatus der Zugang zur Justiz verwehrt. Denn schon alleine die Suche nach Hilfe bei der Polizei führt zu ausländerrechtlichen Konsequenzen. Deshalb sehen die allermeisten betroffenen Frauen von einer Anzeige ab. Wir fordern die Anerkennung von häuslicher Gewalt als Härtefallgrund. Konkret bedeutet dies, dass bei häuslicher Gewalt die Bestimmungen gelten, die auf nationaler Ebene (Art. 50, AIG) vorgesehen sind: Neben strafrechtlichen Verurteilungen, Polizeirapporten, Anzeigen sollen neu auch Zeugnisse von Ärzt*innen und Auskünfte von Fachstellen als Beweise für die häusliche Gewalt gelten. Nur, wenn Sans-Papiers Frauen und genderqueere Sans-Papiers keine ausländerrechtlichen Konsequenzen fürchten müssen, können Sans-Papiers Frauen Täter anzeigen. Nur so wird sichergestellt, dass häusliche Gewalt effektiv Konsequenzen nach sich zieht.
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Damit eine Person in der Schweiz ein Härtefallgesuch einreichen kann, muss sie verschiedene Anforderungen erfüllen. Dazu gehört ein hohes Einkommen. Frauen und genderqueere Sans-Papiers leisten häufig mehr unbezahlte Care-Arbeit. Sie müssen sich um Angehörige kümmern und Kinder betreuen, die kurzfristig krank geworden sind. Sie werden durch diese starre Einkommensregel diskriminiert, denn ihre Lohnausfälle werden ihnen zum Verhängnis gemacht. Sans-Papiers leben oft seit Jahren im Kanton Basel und kommen selbständig für sich und ihre Kinder auf - ohne staatliche Unterstützung (z.B., Ergänzungsleistung, Sozialhilfe) oder Arbeitgeberbeiträge (z.B., Kinderzulagen).
Wir fordern deshalb, dass das Migrationsamt die spezifische Lebenssituation der Gesuchsstellenden berücksichtigt, Care- und Betreuungsarbeit anerkennt und ihre Einkommenssituation individuell prüft. Oft wird Sans-Papiers Frauen und genderqueeren Sans-Papiers im Härtefallverfahren unterstellt, sie könnten finanziell nicht für sich und ihre Familien aufkommen. Diese Stereotypisierung ist falsch. Sans-Papiers Frauen und genderqueere Sans-Papiers gehen immer einer Erwerbsarbeit nach, die den Unterhalt für sich und ihre Familien sichert. Dieser Umstand muss während der Prüfung eines Härtefallgesuchs berücksichtigt werden.
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Sans-Papiers Frauen und genderqueere Sans-Papiers leben in einer besonders vulnerablen Situation. Da sie sich konstant verstecken müssen, sind sie vom Wohlwollen anderer abhängig. Genau diese Situation wird schamlos ausgenutzt. Beispiele dafür sind Schweizer Partner, die Betroffene sexuell und emotional ausbeuten. Sans-Papiers Frauen und genderqueere Sans-Papiers können sich aktuell kaum gegen solche Gewalt wehren, denn sie müssen sich vor ausländerrechtlichen Konsequenzen fürchten. Genau diese Angst macht sie erpressbar, sie werden missbraucht oder übermässig kontrolliert. Auch am Arbeitsplatz, insbesondere als Hausangestellte in privaten Haushalten, kommt es regelmässig zu sexuellen Übergriffen. Wir fordern darum die Anerkennung sexueller Ausbeutung in der Härtefallpraxis. Sexuelle Ausbeutung und sexualisierte Gewalt müssen angezeigt werden können, auch von Sans-Papiers Frauen.